20. Aug. 2019

Zukunft Baubranche: Interview mit Dr. Roland Falk - Teil II

Digitalisierung, neue Technologien und das nötige Know-How sind nur einige Herausforderungen, mit denen sich die Bauwirtschaft zunehmend beschäftigt. Im Rahmen des EU-Projektes „Blueprint for Construction“ führten die BZB ein Experten-Interview (Auszug) mit Dr. Roland Falk, Leiter Forschung und Entwicklung am Kompetenzzentrum für Ausbau und Fassade. Im zweiten Teil geht es um den Einfluss von technologischen Faktoren und Innovationen auf das Bauwesen in Deutschland.

BZB: Digitalisierung und Automatisierung sind wichtige Trends. Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) der Baubranche müssen sich anpassen, wenn sie am Markt bestehen wollen. Wie kann Digitalisierung und Automatisierung in die Arbeitsprozesse eingebunden werden?

Dr. Roland Falk: Die Begriffe „Digitalisierung“ und „Automatisierung“ sind differenziert zu betrachten. Vieles kann im Bauhandwerk digitalisiert werden, aber viel weniger automatisiert. Einige Bespiele:

  • Die Planung kann digital dargestellt werden, aber die Ausführung ist meistens manuell / praktisch.
  • Restaurierungsarbeiten sind oft sehr speziell, daher kann wenig automatisiert werden.
  • Bei neuen Bauweisen liegen meist digitale Daten vor, hier können Arbeitsschritte und Verfahren automatisiert werden.
  • Die Baulogistik kann automatisiert werden
  • Auch innerhalb der Gruppe der KMU gibt es Unterschiede zwischen den größeren (>50 Mitarbeiter) und kleineren (>10 Mitarbeiter) Betrieben. Sie haben unterschiedliche Potentiale beim Umgang mit Digitalisierung / Automatisierung.

BZB: Denken Sie, digitale Innovation ist der Schlüssel zu einer wettbewerbsfähigen Baubranche? Wie ist dies für KMUs zu erreichen?

Dr. Roland Falk: Digitale Innovation ist nur EIN Faktor. Kundenorientierung ist ein durchaus wichtigerer Punkt, der nicht zwangsläufig durch Digitalisierung verbessert wird. Das bedeutet, dass Digitalisierung nicht die Lösung für alle Probleme ist, stattdessen muss entschieden werden, wo sie sinnvoll sein kann.

BZB: Im letzten Jahrzehnt ist die BIM Methodik zunehmend im Einsatz. Als „Werkzeug“, das die Baubranche prägt, wie verändert dessen Nutzung den Alltag auf der Baustelle?

Dr. Roland Falk: Bei Arbeiten im Bestand (Sanierung / Renovierung) ist BIM nur schwierig einzusetzen und bisher auch noch nicht auf Baustellen zu finden. Es handelt sich dabei zumeist um wenig standardisierte Arbeiten und kleine Arbeitseinheiten. Im Hinblick auf den Neubau von Gebäuden ist der Aktionsradius eingeschränkt, weil BIM Arbeitsprozesse maximal definiert und keine Improvisation zulässt.

BZB: Wie wird sich der Einsatz von BIM auf Bauleiter und deren Mitarbeitenden auswirken? Welche Unterschiede gibt es bei der Umsetzung zwischen großen Unternehmen und KMUs?

Dr. Roland Falk: Die Bauleiter werden BIM in die Prozesse integrieren und ihre fachliche Funktion wird sich damit ausweiten. Dabei werden eher große Unternehmen BIM einsetzen, schon allein aufgrund der hohen Investition. Kleine und mittelständische Unternehmen werden BIM innerhalb ihrer Funktion im Bauprozess einsetzen, im Hinblick auf die Investition stehen sie jedoch vor großen Herausforderungen.

BZB: Neue Baustoffe (biobasiert, Nanomaterial, etc.) eröffnen viele Möglichkeiten für den Bau. Das Wissen und Know-How um deren Nutzung und Einsatz ist unentbehrlich. Wie beeinflussen neue Stoffe die Baubranche?

Dr. Roland Falk: Ja, eine Auseinandersetzung mit neuen Baustoffen ist notwendig! Aber wie wirken sich die neuen Materialien auf Gebäude im Allgemeinen (Lebensdauer) und die Menschen, die in den Gebäuden wohnen (physische Aspekte) aus? Es gibt bislang keine Langzeit-Erfahrung.
Das Thema „neue Baustoffe“ sollte bereits in die Berufsausbildung integriert werden. Die Lehrlinge sollten in der Lage sein, die Eigenschaften von neuen Baumaterialien und alternativen Materialien abzuwägen.

BZB: Was sind die Schlüssel-Qualifikationen und -Kompetenzen, wenn es um Digitalisierung und Technologien im Bauwesen geht?

Dr. Roland Falk: Die methodischen Kompetenzen müssen trainiert werden. Das bedeutet, die selbstständige Auseinandersetzung mit Materialien, Prozessen und Situationen auf der Baustelle – begleitet durch die Ausbilder. Die Auszubildenden sollten in die Lage versetzt werden, informierte Entscheidungen zu treffen.

BZB: Wie können digitale Methoden und Werkzeuge „spielerisch“ gelernt werden, um so Berührungsängste zu überwinden?

Dr. Roland Falk: Am besten durch Ausprobieren! Es müssen „Räume“ für Simulationen und das Experimentieren geschaffen werden, in denen das Ausprobieren möglich ist – ohne zu befürchten, etwas zu zerstören oder Kosten zu verursachen.

Wir bedanken uns herzlich für das Gespräch.

Fotos: © Africa Studio/shutterstock; Dr. Roland Falk/privat

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